Wieviel Fleisch braucht der Mensch?

Einige Vertreter der Ernährungswissenschaft haben in den letzten Jahren in Deutschland den Konsum von Fleisch wiederholt als Risikofaktor für die Gesundheit bezeichnet. Nachdem diese Aussagen von den Medien meist unkritisch übernommen wurden, konnte sich in der Bevölkerung der Glaube verbreiten, dass Fleischverzehr allgemein als „gesundheitlich bedenklich“ zu betrachten sei und weniger Fleischkonsum ein Mehr an Gesundheit bedeuten würde. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gibt seit einigen Jahren die Empfehlung ab, nur noch 2-3 Fleischmahlzeiten pro Woche einzunehmen.

Begründet wird diese negative Einschätzung üblicherweise mit dem Hinweis, dass Fleisch sehr fettreich sei und damit zum Übergewicht beitrage. Außerdem sei es eine wesentliche Quelle für Cholesterin und „tierische“, bzw. „gesättigte“ Fette, was zusätzlich das Risiko für Herz- Kreislauferkrankungen erhöhen würde. Und schließlich wird seit einigen Jahren die These verbreitet, dass Fleisch im Allgemeinen und „rotes Fleisch“ im Speziellen das Risiko für Darmkrebs erhöhen würde.

Als Beleg für den Vorteil einer fleischarmen Kost werden üblicherweise Studien an Vegetariern zitiert, die eine niedrigere Erkrankungsrate und entsprechend eine geringere Sterblichkeit bzw. eine höhere Lebenserwartung aufweisen würden.

Tatsächlich geht diese Argumentation aber weit an Fakten vorbei:

  • Fleisch ist durch Züchtungs- und Haltungsmaßnahmen in den letzten Jahrzehnten zu einem sehr fettarmen Nahrungsmittel geworden. Reines Muskelfleisch, z. B. Schweinsfilet oder Schnitzel, enthält nur rund 2 % Fett
  • Fleischfett kann nicht als „überwiegend gesättigt“ eingeordnet werden. Rinderfett enthält ca. 50 % ungesättigte Fettsäuren, Schweinefett ca. 60 % und Geflügelfett etwa 70%.

Dass von so magerem Fleisch, wie es heute üblicherweise verzehrt wird, ein ungünstiger Effekt auf den Cholesterinspiegel ausgehen würde, kann kaum erwartet werden. In einer kontrollierten Diät-Studie an der Johns Hopkins Klinik in Chicago wurde dies kürzlich bestätigt. Mit täglichen Zulagen von 170 Gramm Rind-, Kalb- oder Schweinefleisch sank das „böse“ LDL-Cholesterin um
2 % während das „gute“ HDL-Cholesterin um 2 % anstieg.

Entsprechend konnte bisher auch noch in keiner Langzeit-Beobachtungsstudie ein erhöhtes Herz-Kreislaufrisiko für den Konsum von Fleisch oder tierischem Fett belegt weden. Selbst zwischen gesätigten Fettsäuren und Herzinfarkt konnte bei den bisher durchgeführeten 22 Langzeit-Beobachtungsstudien (an insgesamt 29 Kohorten) nur bei dreien ein Zusammenhang festgestellt werden.

Mehr Fleisch – weniger Herzinfarkte?

Kürzlich wurde bei 80.000 Frauen im mittleren Alter der Zusammenhang zwischen Eiweißkonsum und Herzinfarktrisiko untersuch. Dabei zeigte sich, dass diejenigen mit höchster Eiweißzufuhr (entsprechend 24 % der Kalorien) ein um 26 Prozent niedrigeres Herzinfarktrisiko als die Teilnehmerrinnen mit der niedrigen Eiweißzufuhr (bei 15 % der Kalorien) hatten. Rindfleisch hatte dabei mit rund 20 % mit Abstand den größten Anteil an der Eiweißversorgung.

Fleisch – kein Darmkrebsrisiko

Von bisher 15 durchgeführten Langzeit-Beobachtungsstudien konnten nur drei (alle aus den USA) einen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Fleisch bzw. „rotem Fleisch“ und Darmkrebs zeigen. Das heißt, dass die überwiegende Mehrheit kein Risiko und vor allem keine europäische Studie jemals ein Risiko belegen konnte.

Sind Vegetarier gesünder?

Vegetarier unterscheiden sich in Ernährung und Lebensstil deutlich von den Durchschnittsbürgern. Nicht nur hinsichtlich der Fleischzufuhr: u. a. sind sie deutlich schlanker, sind körperlich aktiver, rauchen weniger, haben eine bessere Schul- und Berufsbildung und entstammen einer höheren Sozialschicht. Es ist folglich keine Überrasschung, wenn sie weiniger häufig von Zivilisationskrankheiten heimgesucht werden und eine hörhere Lebenserwartung aufweisen. Ob sie allerdings gesundheitliche Vorteile gegenüber ähnlich gesundheitsbewussten Fleischessern haben, wurde erst kürzlich in einer umfangreichen Studie geklärt:

Im September 1999 erschien die gemeinsame Auswertung aller fünf bisher durchgeführten Langzeit-Beobachtungsstudien, die die Sterblichkeit von Vegetareiern mit „gesundheitsbewussten Fleischessern“ verglichen hatten. In diese Analyse gingen Daten von 76.172 Männern und Frauen ein, die im Mittel über einen Zeitraum von 11 Jahren beobachtet worden waren. Das Ergebnis: bei gesunheitsbewussten Fleischessern und Vegetariern fand sich kein Unterschied in der Herz-Kreislauf-, Krebs- und Gesamtsterblichkeit.

Schlussfolgerung

Da Fleisch eine herausragende Quelle für hochwertiges Protein, Eisen und Zink sowie für die Vitamine B1, B6, B12 und Vitamin D (als 25-Hydroxy-Vitamin D) ist, erleichtert sein regelmäßiger Konsum wesentlich das Erreichen eines adäquaten Ernährungsstatus. Da andererseits kein gesundheitliches Risiko durch den regelmäßigen Verzehr von Fleisch belegt ist, besteht auch kein hinreichender gesundheitsbezogener Grund, vom Fleischkonsum abzuraten.

In wieweit Gesundheitsvorteile und welche Art von Gesundheitsvorteilen nach einer Einschränkung des Fleischkonsums zu erwarten wäre, ist völlig ungeklärt, da diese Frage niemals untersucht worden ist. Solche Empfehlungen basieren folglich allein auf der Vorstellung bzw. der Überzeugung einiger exponierter Meinungsbildner, nicht aber auf gesichertem Wissen.